Was ist da bloß los? Die traditionsreiche Frankfurter Rundschau ist am Ende, die deutsche Financial Times wird am 7. Dezember eingestellt, die österreichischen Qualitätszeitungen „DiePresse“ und „Wirtschaftsblatt“ greifen zu drastischen Sparmaßnahmen, legen die Wirtschaftsredaktionen zusammen und kündigen Mitarbeiter.
Spätestens jetzt dürfte klar sein, dass es sich beim zuletzt so oft bemühten Begriff „Medienwelt im Wandel“ nicht bloß um eine leere Worthülse handelt. Der Wandel findet gerade statt und trifft im Besonderen die Printmedien.
Der Auslöser für diese Entwicklung scheint auf den ersten Blick schnell identifiziert zu sein: das Internet mit ständig abrufbaren, frischen Inhalten und die vielen Social Media Angebote. Eine ständig steigende Flut kostenloser Informationen und Inhalte, die für den interessierten Leser kaum noch zu bewältigen sind. Wer braucht da noch Zeitungen und Magazine?
Es geht aber nicht um Zeitungen und Magazine an sich, sondern um die Inhalte, die sie anbieten: um den Journalismus. Um die Einordnung und Bewertung von lose durchs Web kursierenden Informationen aus Twitter Feeds und facebook Fanseiten. Journalismus ist ein Handwerk, guter Journalismus ein aufwendiges Handwerk, das etwas kostet und das uns Lesern immer etwas wert sein sollte.
Ich behaupte, die Printmedien sind an der aktuellen Entwicklung zu einem guten Teil selbst Schuld. Die Printbranche hatte bis vor ein paar Jahren goldene Zeiten erlebt. Man hatte einen unbestrittenen Platz im Spektrum der Meinungsbildner inne, die Umsätze entwickelten sich nach oben, die Politik suchte die Nähe und alles zusammen gab den Verlegern wohl das Gefühl unverwundbar zu sein.
Allzu unüberlegt und behebig hat man sich aus dieser Position heraus dem Thema „Online“ gestellt, schnell Newsportale geschaffen und über diese seine Inhalte kostenlos angeboten – ohne einem dahinterliegenden, funktionierenden Geschäftsmodell, um die Aufbereitung dieser Inhalte zu refinanzieren. Die Folge: Internetuser haben über die Jahre gelernt, dass Inhalte nichts kosten, weil es sie ja gratis im Internet gibt. Warum also dafür zahlen?
Die Suche nach passenden Online Geschäftsmodellen gestaltet sich schwieriger denn je, da sich einmal Gelerntes nur schwer ändern lässt. Aber den Printmedien wird nichts anderes übrigbleiben, als weiter nach praktikablen Modellen zu suchen. Die goldenen Zeiten liegen zurück, die Printbranche muss sich auf die Hinterbeine stellen. Unprofitable Titel wie eine „Financial Times Deutschland“ können sich die Verlage, noch dazu in Zeiten der Finanzkrise, nicht mehr leisten.
Dass das Zusammenlegen von Redaktionen nicht das Heilmittel ist, beweisen Financial Times Deutschland, Capital und Börse Online: Die drei hochwertigen Wirtschaftstitel aus dem Hause Gruner & Jahr haben schon 2008 Ihre Redaktionen zusammengelegt: Mit dem Ergebnis, dass heute alle drei Titel schwer angeschlagen in den Seilen hängen. Die ehemals getrennten Redaktionen haben nie zusammen gefunden, die Financial Times Deutschland erscheint am 7. Dezember zum letzten Mal.
Qualitätsmedien mussten bisher nicht unbedingt profitabel sein, die Verlage nahmen sie einfach mit und finanzierten sie mit den Gewinnen anderer Titel. Den Imagewert eines Qualitätstitels ließ man sich einiges kosten. Diese Zeiten sind definitv vorbei. Aber was ist die Konsequenz? Für unsere Gesellschaft und unser demokratiepolitisches System ist das Ende jedes einzelnen Qualitätsmediums ein Schaden: Wer kontrolliert Politik und Wirtschaft? Wer ordnet ein und bewertet? Wer beleuchtet beide Seiten der Medaille? Wer macht Meinung?
Hierfür gibt es einen Markt und es wird auch entsprechende Angebote geben. Von einer tiefen Krise oder gar einem Printsterben zu sprechen ist sicher weit überzogen. Vielmehr haben wir es mit einer Marktveränderung zu tun, in der der Print seinen Platz erst finden muss und er wird ihn auch finden. Denn letztlich entscheidend sind nicht das Tempo der Informationsverbreitung oder der Verbreitungskanal allein: sondern immer die Qualität und Glaubwürdigkeit der transportierten Informationen. Aber auch die Unterstützung des Lesers oder Users bei der Meinungsbildung.